Poststelle und Gemischtwarenladen in früherer Zeit

Poststelle und Gemischtwarenladen in früherer Zeit

Betty Herbst (89 Jahre) und ihr Ehemann Hans (93 Jahren) sind die ältesten Zeitzeugen, die noch etwas aus der Geschichte des 900-jährigen Illschwang erzählen können. Er leitete die Poststelle, sie kümmerte sich um den Gemischtwarenladen. Das Gespräch der beiden Zeitzeugen mit den Oberpfalzmedien fand im Rahmen der Berichterstattung über das 900-jährige Bestehen des Ortes Illschwang statt, das an diesem Wochenende mit einem dreitägigen Fest gefeiert worden wäre, aber wegen der Coronapandemie abgesagt werden musste. Im Gespräch sprudelten vor allem bei Betty Herbst die Erinnerungen an früher nur so heraus. Der Interviewer fühlte sich direkt mitgenommen in die Zeit, in der sich das Postwesen und das Geschäftsleben in Illschwang allmählich entwickelten.

Nach dem Ende des 2.Weltkriegs, bei dem Illschwang weitgehend verschont geblieben war, seien auch viele Flüchtlinge aus dem Sudetenland und aus Schlesien hierhergekommen. Der Wohnraum war knapp, sie wurden bei einheimischen Familien untergebracht. Der Schwarzmarkt blühte, bis durch die Währungsreform im Jahr 1948 eine Verbesserung eintrat. Betty Herbst berichtete von vier Lebensmittelgeschäften und Krämerladen, die damals betrieben wurden. Es gab zu der Zeit noch keine eigene Metzgerei, weil nahezu jeder Haushalt eine Landwirtschaft im Nebenerwerb hatte und das Vieh selbst geschlachtet wurde.

Viel wusste Betty Herbst vom eigenen Laden zu erzählen. Ursprünglich wurde es er von Simon Kellner als Schneiderei betrieben. Im Jahr 1929 machte Margarete Loos daraus einen Gemischtwarenladen. Im gleichen Jahr fand dort die Poststelle ihren festen Platz. Zuvor hatte man dafür kein passendes Gebäude. Im Laden wurde damals als Ersatz für elektrischen Strom noch Petroleum, zum Beispiel für die Lampen und Salz, abgepackt in Säcken, gelagert. Stattdessen wurde nun Platz für die Post geschaffen. An dieser Stelle arbeitete Konrad Loos, der Ehemann von Margarete. Dort gab es für die damalige Zeit das erste öffentliche Telefon, es wurden Telegramme mit wichtigen Nachrichten verschickt oder erhalten, am Ende eines Monats erfolgte die Auszahlung der Rente. Als Postboten waren Peter Falk, Josef Wagner und Johann Schinhammer im Einsatz, wobei sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad im Bereich der heutigen Gemeinden Illschwang und Birgland ihren Dienst ausübten. Seit 1929 war eine Postkutsche mit zwei Pferden unterwegs, welche Briefe und Pakete nach Sulzbach-Rosenberg brachten. Manche nutzten diese Möglichkeit auch als Mitfahrgelegenheit. Poststelle und Laden liefen auch während des Dritten Reichs und des Weltkriegs weiter.1964 übernahm Hans Herbst die Poststelle, der acht Jahre zuvor, Betty Loos geheiratet hatte. Zuvor war Herbst als KFZ-Mechaniker bei der Firma Zintl in Amberg tätig gewesen war. 1992 ging Herbst in den Ruhestand. Als seine Nachfolgerin wurde Christa Wehrl eingesetzt. Bereits drei Jahre später erfolgte die endgültige Schließung der Poststelle. Danach gab es in Illschwang nur mehr eine Postagentur, zunächst in der Bäckerei Pollety und danach in der Bäckerei Wenkmann,

Mit der Heirat übernahm Betty Herbst von ihrer Mutter den Gemischtwarenladen. Über die Jahre hinweg erfolgte eine schrittweise Erweiterung des Geschäfts. Von ihrem Ehemann erfuhr sie, wenn er nicht mit Postangelegenheiten beschäftigt war, kräftig Unterstützung. Die Bevölkerung war dankbar, dass es vor Ort eine solche Einkaufsmöglichkeit gab. Viele, vor allem älteren Personen, waren erfreut über diese Einkaufsmöglichkeit. Betty Herbst erzählt, dass am Sonntag das Geschäft gut lief, weil viele den Kirchgang mit einem Einkauf im Laden verbanden. Sinngemäß hieß es bei der Bevölkerung: „Was man in der Stadt nicht kriegt, bekommt man beim Herbst“. 2004 musste dann doch das Geschäft geschlossen werden. Betty Herbst erzählt: „Durch den Generationenwechsel und die zunehmende Motorisierung kam es auch zu einer Änderung der Einkaufsgewohnheiten. Die Märkte in der Stadt wurden dem Geschäft vor Ort immer mehr vorgezogen.“

Text und Bilder Norbert Weis